„DAS KLAVIER VON SANKT PETER“
(von Tiago Wermelinger – Enkel von Godofredo, dem Stimmenrichter des verlorenen Wortes)
Im Haus der stillen Zeit
stand ein Klavier.
Nicht aus Holz,
sondern aus Blut,
aus geerbtem Schweigen,
aus Versprechen, die unter Staub schliefen.
Man nannte es „das Klavier von Sankt Peter“,
aber nur wenige wussten,
dass Sankt Peter hier
kein Heiliger der Kirche war,
sondern der Wächter der familiären Portale,
der Hüter der Schlüssel
zu Stimmen, die längst verstummt waren.
Es war September.
Es war Trostlosigkeit.
Es war eine Welt, gefangen in ihren Masken.
Doch eine alte Einladung,
wie ein geheimer Code,
rief die Namen der Linie
zum erneuten Tanz.
Die Jugend lief,
nicht der Musik hinterher —
sondern dem Sinn.
Und da war es:
das deutsche Klavier,
vergessen, unversehrt,
wartend, um auf A gestimmt zu werden.
Es war Godofredo —
der Gute, der Sanfte,
der stille Wächter —
der die Tür öffnete.
Er sagte nur:
„Da ist es. Es muss nur noch gestimmt werden.“
Und es wurde gestimmt.
Mit Händen eines Sohnes,
mit dem Gehör eines Engels,
mit dem Schweiß der Dringlichkeit.
Camilo zog die Saiten nach.
Egberto – noch ein Junge –
ließ den Klang der Erinnerung erklingen.
In dieser Nacht
gab es nicht nur einen Walzer.
Es gab Heilung.
Es gab Rückkehr.
Es gab die Ernte dessen,
was von Xaver, von Zina,
von Catharina, von Johann gesät worden war.
Und jetzt,
mitten im Jahrhundert des Lärms,
höre ich — Enkel von Godofredo —
wieder
dieselbe Musik durch die Zeit dringen.
Und ich erkenne:
Das Klavier von Sankt Peter war kein Instrument.
Es war ein Altar.
Und wer darauf spielt, selbst mit Worten,
entzündet die Seele des Clans.
Tiago Wermelinger
Derjenige, der hörte, was noch vibrierte,
und beschloss, den Klang nicht sterben zu lassen.
Duas Barras, 16.05.2025
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